Neulich im Edeka wollten wir Vespergemüse einkaufen. Mir ist aufgefallen dass eigentlich alles (sogar die Radieschen) aus dem Ausland kam. Da habe ich mich nach was regionalem umgeschaut und diese Mairübchen entdeckt:
Die waren mir noch völlig unbekannt. Also gleich mal mitgenommen und probiert. Man macht Grün und Schale ab und kann es dann einfach so essen. Schmeckt gut! Wie eine Mischung aus Radieschen und Kohlrabi. Und da es derzeit eines der wenigen heimischen Gemüsen ist, die man roh verzehren kann / möchte, wird es das nun wohl öfters geben. Eine Bereicherung für meinen kulinarischen Kenntnisschatz.
Da ich dieses Jahr coronabedingt eigentlich schon die ganze Zeit von Zuhause aus arbeite und es mit dem Klimawandel auch nicht besser wird, habe ich beschlossen erst ab November zu heizen. So kann man wenigstens an dieser Front etwas Gutes tun. Das ging eigentlich auch ganz gut. Nur gegen Ende Oktober, kurz bevor wir in den Urlaub gefahren sind, wurde es dann doch noch relativ frisch. Ich bin also bei um die 16°C am heimischen Bürotisch (also dem Küchentisch) gesessen:
Da muss man schon ab und zu aufstehen und sich ein bisschen bewegen dass einem nicht zu kalt wird. Sonst leidet auch die Konzentrationsfähigkeit darunter. Für ein, zwei Minuten auf der Stelle joggen ist recht effektiv. Aber ist vielleicht sowieso nicht schlecht. Das ganze sitzen, vor allem ohne gescheite Büromöbel, ist ja sowieso tierisch ungesund. Damit konnte ich also zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: was gutes für mich und die Umwelt tun.
Und ich merke schon, jetzt wo wir wieder heizen und ich hier bei 18°C sitze, bin ich nicht mehr so gezwungen mich durch Bewegung aufzuwärmen. Hm, dann vielleicht doch wieder ohne Heizung?
Beim gestrigen Besuch des Besucherbergwerks F60 hatte uns die Tourenführerin einen Tipp gegeben wo man den Tagebau Welzow-Süd besser in Aktion sehen kann. Während man am Welzower-Fenster, wo wir gestern waren, hauptsächlich die hinterlassene Mondlandschaft sehen konnte, sollte man hier die Maschinen aus der Nähe in Aktion sehen können.
Östlich der Gemeinde Proschim hat die Betreibergesellschaft LEAG einen Aussichtspunkt eingerichtet von dem aus man den Maschinen zuschauen konnte. Von dort aus haben wir sogar eine F60 in Aktion gesehen:
Zwar aus der Ferne, aber gut erkennbar.
Während die F60 mit ihren beiden angedockten Schaufelkettenbaggern nur dafür zuständig ist die Braunkohle freizulegen, wird selbige von riesigen Schaufelradbaggern abgetragen:
Um ein Gefühl für die Größe dieser Geräte zu bekommen, hier ein Bild des Schaufelrades nebst einem PKW:
Ein gutes Erklärungsvideo für die ganzen Vorgänge und Gerätschaften gibt es auf YouTube. Unglaublich was da für ein Aufwand betrieben wird und das sich das rechnet. Interessanterweise scheinen die Lausitzer ein eher positives Verhältnis zum Tagebau zu haben (zumindest die, mit denen wir gesprochen haben), obwohl dadurch ihre ganze Landschaft kaputt gemacht wird und regelmäßig Ortschaften weggebaggert werden. Laut dem Archiv der verschwundenen Ortschaften sind dem Tagebau in der Lausitz bereits 137 Orte zum Opfer gefallen. Für die lokale Bevölkerung scheinen die daraus entstehenden Arbeitsplätze jedoch Entschädigung genug dafür zu sein. Egal welche Einstellung man dazu hat: dies ist auf jeden Fall ein Teil des Preises der an irgendwelchen Orten auf der Welt für unseren Energiehunger bezahlt werden muss. Und einer dieser Orte ist hier in der Lausitz.
Nach dieser Umweltkatastrophe war der Zwischenstopp im Spreewald doch gleich Balsam für die Seele. Dort scheint die Welt noch in Ordnung zu sein:
Welch ein Kontrast!
Hier gibt es noch richtig alte traditionelle Häuser aus Baumstämmen. Diese sind vermutlich aber eher Anschauungs- als Wohnobjekt:
Neben Pferden, Kühen und Ziegen haben wir auch andere Nutztiere, wie z.B. Schafe gesehen. Allesamt hatten sie viel Platz und Auslauf:
Auf der Suche nach einem geeigneten Schlafplatz haben wir uns gestern Abend im hübschen aber (vermutlich wegen Covid-19) menschenleeren Pirna, nach einer schmackhafen Kohlroulade säschsischer Art, für eine Übernachtung in Senftenberg entschieden. Der Grund dafür war eigentlich hauptsächlich der große See gleich neben der Stadt.
Am nächsten Morgen haben wir beim Frühstück dann auch erfahren woher der große See kommt: Im Gebiet rund um Senftenberg wird Braunkohle abgebaut. Der See ist eine geflutete ehemalige Braunkohle Tagebaustätte. Unser Gastgeber hat uns verraten dass es in Welzow noch ein aktives Tagebau-Gebiet gibt, sowie eine riesige begehbare Förderbrücke des Typs F60 bei Lichtenrade.
Schon seit ich das erste Mal in der Schule vom Kohle-Tagebau erfahren habe wollte ich ihn mit eigenen Augen sehen. Hier war die Gelegenheit.
In Welzow gibt es einen Aussichtspunkt, von welchem man auf den aktiven Tagebau blicken kann:
In der Ferne haben wir die riesigen Bagger gesehen, mit deren Hilfe diese Mondlandschaft entstanden ist. Von einem anderen Aussichtspunkt im Norden konnte man sie etwas besser sehen:
Wo früher mal Wald, Wiesen oder Dörfer standen ist nun ein riesiges Loch und überall nur blanke braune Erde:
Um eines der Ungetüme aus nächster Nähe zu sehen sind wir ein paar Kilometer nach Lichtenrade zum Museumsbergwerk F60 gefahren. Dort haben wir allerdings schnell festgestellt dass die Bagger, welche wir in Welzow gesehen haben, Winzlinge sein mussten gegen die riesigen Förderbrücken vom Typ F60:
Die Maße dieses Geräts sind gigantisch: Mit 502m Länge, 204m Breite, 80m Höhe und einem Gewicht von 13.500t ist die F60 die größte bewegliche Maschine der Welt. Um die eingemottete Förderbrücke besteigen zu können muss man eine geführte Tour buchen. Gesagt, getan. Aus der Nähe werden die Dimensionen etwas klarer (man beachte den grauen Eisenbahnwaggon):
Die Förderbrücke hilft das Kohleflöz freizulegen indem sie wie ein Kamm darüber hin und her fährt um die Erde, mit Hilfe von Baggern, darüber abzutragen. Die abgetragene Erde wird als “Abraum” bezeichnet. Der Abraum wird von Baggern (im Museumsbergwerk leider nicht dabei) auf die Förderbänder der Fahrwerke geworfen und dort von einem großen Förderband, welches wie das Rückgrat der Maschine wirkt, nach hinten transportiert und dort auf der anderen Seite des Kohleflöz wieder ausgeworfen:
Somit wird das Kohleflöz nach und nach freigelegt und der Abraum von der einen Seite des Grabens auf die andere transportiert, wo die Erde “gleich wieder” geschlossen wird. Das Kohleflöz selber wird dabei von anderen Baggern abgetragen.
Die Förderbrücke wurde ursprünglich von 20 Arbeitern bedient. Mittlerweile wurden die im Einsatz befindlichen Geräte jedoch modernisiert sodass es nur noch 14 Leute braucht um diesen Koloss zu steuern:
Ein interessantes Detail war auch dass die Maschinerie für den Tagebau 37% der geförderten Energie bereits beim Abbau wieder verbraucht. Man kann sich also vorstellen was das energietechnisch für einen Aufwand bedeutet all die Maschinen zu betreiben.
Am hinteren Ende befindet sich in über 70m Höhe eine Plattform mit einem grandiosen 360° Panorama:
Nur der Name des Bergheider Sees, ebenfalls ein künstlich geflutetes ehemaliges Abbaugebiet (die Flutung hat 14 Jahre gedauert), erinnert noch an das Dorf, welches hier dem Tagebau weichen musste:
Die Tour war technisch informativ, warf jedoch wenig Licht auf die Folgen des Tagebaus [1, 2, 3]. Auch wenn die Abbaugruben anscheinend größtenteils wieder verschlossen und rekultiviert oder Seen geschaffen werden, scheint es mir doch ein erheblicher Eingriff in das Ökosystem mit irreversiblen Schäden zu sein. Zumindest rund um den Bergheider See wirkte die Erde selbst 20 Jahre nach dem Ende des Tagebaus und Bepflanzung mit Bäumen immer noch nicht gesund, sondern schlammig und öde (wie man z.B. auf dem Bild oben schön sehen kann).
Derart drastische Eingriffe sind eine direkte Folge unseres immer größer werdenden Energiehungers bei gleichzeitigem Bevölkerungswachstum. Wie lange das noch gut geht wird die Zukunft zeigen. Ich persönlich denke dass unser Ausbeutungsmodell schon ordentlich bröckelt, wie z.B. erste Folgen des Klimawandels erkennbar machen. Neben nachhaltigeren Formen der Energiegewinnung sollte daher Sparsamkeit unser oberstes Ziel sein.
Nachdem wir nach unserem Frühstück in Nürnberg noch den obligatorischen Abstecher zum Lebkuchen Schmidt gemacht hatten, ging es weiter Richtung sächsische Schweiz. Ursel war noch nie an der Bastei und das wollten wir jetzt nachholen. Der Zeitplan war straff und zwar in zweierlei Hinsicht. Erstens hofften wir noch ein Stückchen goldenen Herbst zu erwischen und zweites noch bei Tageslicht einzutreffen. Zum Glück hat beides noch geklappt:
Rechtzeitig zur blauen Stunde waren wir an der Bastei und hier und da ist sogar die Sonne durchgekommen, die die Elbe und den Kurort Rathen in ein warmes Licht getaucht hat:
Die herbstlichen Farben der Bäume, noch nass vom kürzlichen Schauer, haben richtig schön im Abendlicht geleuchtet:
Und die Basteibrücke, für sich schon ein tolles Motiv, hat ein richtig spektakuläres Bild abgegeben:
Toll war auch dass so wenig los war. Bei schlechtem Wetter, unter der Woche und zu später Stunde zu kommen scheint sich auszuzahlen. Eine menschenleere Basteibrücke kriegt man vermutlich nicht so oft vor die Linse:
Das Areal rund um die Bastei ist relativ klein, strotzt aber nur so vor umwerfenden Motiven. Allein die Blätter der Bäume sind schon eine Augenweide:
Nimmt man aber einen größeren Ausschnitt wird schnell klar warum die sächsische Schweiz für mich zu den schönsten Flecken in Deutschland gehört:
Gut dass Ursel diesmal dabei war. So konnten wir nicht nur diese hübsche Landschaft gemeinsam genießen, sondern haben nun auch ein paar richtig schöne Bilder.