Wieder in der Zivilisation

von Achim

Es ist schon manchmal lustig was für Leute man auf Reisen trifft. Von dem radfahrenden Franzosen haben wir ja bereits am Rande berichtet. Er hat in Ushuaia in Feuerland angefangen und will bis nach Kolumbien fahren. Das sind gut und gerne 10.000km! Und das bei hunderten von Kilometern von Schotterstraßen und den patagonischen Winden. Die meisten Radfahrer fahren wegen dem Wind von Norden nach Süden. Obwohl wir mit dem Bus fahren hat er uns bereits dreimal wieder eingeholt. Lustigerweise sind wir uns dann immer zufällig über den Weg gelaufen. Als wir in Puerto Tranquilo ein Bier mit ihm getrunken haben, hatte er noch Oli the Walker im Schlepptau. Wer denkt dass Thomas der radfahrende Franzose verrückt ist, der sollte sich die Geschichte von Oli the Walker anhören. Er will von Feuerland nach Alaska laufen. Das sind über 27.000km - zu Fuß! Um genug Platz für seine ganzen Vorräte zu haben schiebt er einen Kinderwagen vor sich her. Das erste mal haben wir ihn auf dem Zeltplatz in Cochrane getroffen und ich dachte er ist mit Kind unterwegs, weil der Kinderwagen neben seinem Zelt stand. Auch er hat uns wieder eingeholt. Immer wenn man denkt “verrückter geht’s nicht”, kommt einer um die Ecke der noch einen drauf setzt. Größter Respekt vor den beiden und wir hoffen dass sie ihre Ziele gut erreichen.

Wir sind gestern nur ganz normal mit dem Bus von Puerto Tranquilo nach Coyhaique gefahren. Es war leider immer noch Schotterstraße angesagt und so wurden wir die ersten 100km der Strecke ordentlich durchgeschüttelt bis dann kurz vor Villa Cerro Castillo die lang ersehnte Teerstraße angefangen hat:

Ach, diese himmlische Ruhe. Diese staubfreie Luft. Man kann sich nur schlecht vorstellen was für einen Unterschied das macht wenn man es nicht selbst über hunderte von Kilometern erlebt hat. Wir mussten auf dem Weg viel an Thomas und Oli the Walker denken.

In Villa Cerro Castillo gab’s dann eine kleine Pause und wir konnten kurz aussteigen und die schöne Landschaft genießen:

Für einen Happen aus diesem bunten Imbiss-Bus hat’s aber leider nicht mehr gereicht:

Dann ging’s auch schon weiter auf der, ab hier geteerten, Carretera Austral. Da kann man schon viel besser Fotos aus dem Bus machen:

In Coyhaique angekommen haben wir erstmal eingecheckt und dann die überwältigende Auswahl des ansässigen Unimarc-Supermarktes genossen. Die frische Obst- und Gemüseauswahl treibt einem schier die Tränen in die Augen. Was gute Straßen ausmachen ist schon verrückt. Nur am Rande: laut dem sehr empfehlenswerten Buch Food Crash sind schlechte Straßen übrigens auch eine der Hauptursachen für die schlechte Lebensmittelverteilung in Afrika.

Heute haben wir das Essen bei der Feuerwehr in Coyhaique ausprobiert. Ist anscheinend so ein Ding in Chile, dass man bei der Feuerwehr in der Kantine essen kann. Hier gibt es leckere Gerichte zu einem vernünftigen Preis - und sogar mit Gemüse:

Ursel hat die Gelegenheit gleich genutzt eine chilenische Spezialität zu probieren: Pisco Sour. Das ist ein Cocktail um dessen Ursprung sich Chile und Peru anscheinend bis heute streiten. Na dann, Prost!

Wir trinken ihn lieber als uns darum zu streiten. Ist lecker!

Das geht:

  • Pisco Sour von der Feuerwehr
  • Postkarten verschicken für unter 1 EUR (war in Argentinien unverschämt teuer)
  • Endlich wieder eine Auswahl an frischem Obst und Gemüse

Das geht nicht:

  • Auf der Busfahrt selbst im Bus zugestaubt werden und nur schlecht atmen können
  • Heizpilze im Bankgebäude - wie gesagt: immer wenn man denkt, man hat was verrücktes gesehen…
  • Nachdem man schön essen war, sich plötzlich in einem Geschäft für Damenmode wiederfinden
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Las Capillas de Marmól

von Achim

Eigentlich wollten wir schon gestern in Puerto Rio Tranquilo sein, einem kleinen Dörfchen auf dem Weg nach Coyhaique. Allerdings fuhren am 25. keine Busse, weshalb wir uns eine Fahrkarte für den Tag darauf gekauft hatten. Als wir dann heute Morgen um 6:30 in den Bus eingestiegen sind, waren wir sehr froh dass wir eine Fahrkarte hatten. Denn es gab keinen Platz für alle Leute die mitfahren wollten und so mussten ein paar Leute auf den Bus am nächsten Tag warten.

Puerto Rio Tranquilo liegt am See General Carrera, einem riesigen binationalen See, der von mehreren Gletscherflüssen gespeist wird und auf der argentinischen Seite Lago Buenos Aires heisst:

Die Gesamtfläche des Sees ist fast viermal so groß wie die des Bodensees.

Wir wollten uns hier die Marmorhöhlen (“Capillas de Marmól”) anschauen. Diese Höhlen hat das Wasser über die Zeit in die Marmorfelsen gegraben:

Das Wasser im See ist unglaublich klar und man kann sehr tief runter schauen:

Wir hatten perfektes Wetter für die Bootstour. Es war sonnig und der See war fast spiegelglatt:

Wenn man seiner Fantasie freien Lauf lässt, kann man Figuren in den Felsformationen entdecken. Wie hier z.B. einen Hundekopf (ganz links):

In manche der Höhlen kann man mit dem Boot hineinfahren und den vom Wasser behauenen Marmor aus nächster Nähe sehen:

Eines der beliebtesten Fotomotive ist die “Kapelle” (“Capilla”), eine freistehende unterspülte Insel:

Ein ganz besonderer Anblick und ein atemberaubendes Geschenk der Natur!

Das geht:

  • Der Supermarkt im kleinen Städtchen Cochrane: Nicht größer als ein Dorfladen bei uns aber man bekommt alles von Lebensmitteln über Kettensägen, Fahrrädern, Bootsmotoren, Rucksäcken, Stoffen und Nähzubehör, Matratzen, Öfen, Spiegelreflexkameras, Schwimmwesten bis hin zu Reit-Sporen und Sätteln
  • Leckers Frühstück nach einer langen Holperfahrt
  • Ein Zeltplatz der es mit der Mülltrennung wirklich ernst meint

Das geht nicht:

  • Da wird es langsam warm im Bus und dann stellt der Fahrer die Klimaanlage an
  • Stundenlang über Schotterpisten rattern - kein Wunder dass die Pfirsiche hier alle ziemlich vermatscht ankommen
  • Das anscheinend zwanghafte Bedürfnis mancher Leute, die Landschaft mit ihrem Namen zu markieren wie ein pinkelnder Hund - manche Leute machen anscheinend auch vor den Marmorhöhlen nicht halt
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Weihnachten auf chilenisch

von Achim

Heute hat unser Zeltplatz alle Gäste zu einem Cardero Patagónico eingeladen: einem Lamm, über den Flammen gegrillt. Das ist wohl nicht so üblich in Chile, aber auf diesem Zeltplatz alte Tradition. Ein Cordero Patagónico ist eine sehr leckere Sache, welche wir bereits in Argentinien genießen konnten. Deshalb haben wir uns sehr darauf gefreut. Es war etwas Besonderes zu sehen, wie es zubereitet wird.

Grundlage des Grillgerichts ist ein ausgenommenes Lamm:

Die Rippen werden von unten angeschnitten, damit sich das Lamm besser auf den Spieß aufspannen lässt:

An der Keule und an der Schulter werden zusätzliche Schnitte gemacht, weil das Fleisch sonst zu dick wäre:

Schließlich wird das Lamm auf ein kreuzartiges Gestell gespießt. Zusätzliche Spieße fixieren das Fleisch auf einer planen Fläche:

Zum Grillen wird das Gestell in den Boden, neben dem Feuer, gerammt. Zuerst wird der Rücken gegrillt und dann die Unterseite:

Zwischendurch wird das Lamm immer wieder mit Chimichurri, einer würzigen Soße aus Argentinien, übergossen. Das Grillen dauert zwischen zwei und vier Stunden. Am Ende hat man sehr leckers Lammfleisch:

Man braucht also etwas Geduld, aber das Warten lohnt sich. Mit zwei Lämmern war mehr als genug für alle da. Eine wirklich sehr nette und großzügige Geste unserer Gastgeber.

Als Verdauungsspaziergang haben wir noch einen kleinen Ausflug zum Reserva Nacional Tamango gemacht, durch welches der tiefblaue und glasklare Río Cochrane fließt:

Ein schöner Ausklang für ein so tolles Festessen.

Das geht:

  • Die Gastfreundlichkeit der Chilenen
  • Lammfleisch
  • Wie es der Metzger schafft, mit gezielten Schnitten, spielend leicht die Knochen voneinander zu trennen

Das geht nicht:

  • Sonnenbrandgefahr bis 20:00
  • Mit geschlossenen Augen in der Hocke zu duschen, weil der Duschschlauch zu kurz ist - probiert’s mal aus!
  • Busse, die um 6:30 morgens abfahren
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Parque Nacional Patagonia

von Achim

Vor zwei Tagen sind wir in Cochrane angekommen. Das ist der erste Ort seit Tagen, in dem es wieder Internet, einen Geldautomaten und gescheites Obst und Gemüse gibt.

Nicht weit von Cochrane befindet sich der Parque Nacional Patagonia. Dieser Park ist eine Landspende von Douglas Tompkins, dem Gründer der Outdoor-Marke “The North Face”. Anscheinend hat er noch weitere Parks in Südmarika gestiftet, wie den Pumalín Park oder den Corcovado National Park.

Leider geht kein öffentlicher Bus in den Park. Deshalb haben wir uns einfach mit den “zwei Belgiern” zusammengetan und uns ein Taxi dorthin geteilt. Der Wanderweg “Lagunas Altas” wurde uns am Tag zuvor von den “zwei Amerikanern” empfohlen. Die Gesamtlänge des Weges beträgt ca. 20km und es ging, passend zum Namen, gleich am Anfang schon richtig steil bergauf. Nachdem wir am Grat des Berges fast vom Wind weggeblasen wurden, wurde es oben dann wieder etwas ruhiger und wir kamen an die erste Lagune:

Ab hier ging es dann relativ eben weiter. Wir hatten gute Blicke ins Tal und auf die umliegenden Berge:

Ein Stück weiter bot sich an der Kante des Berges ein fantastisches Panorama über das Tal, welches unser Reiseführer als “Serengeti Südamerikas” beschreibt:

Deshalb dachten wir, wir könnten hier viele Wildtiere sehen. Das war leider nicht der Fall. Lediglich Guanakos waren in großer Zahl vorhanden:

Der Weg schlängelt sich auf einer Hochebene vorbei an weiteren Lagunen und durch kleine Wälder:

In den Wäldern Patagoniens sieht man immer wieder komische Gebilde an den Bäumen. Dabei handelt es sich um einen essbaren, parasitären Pilz mit süßlichem Geschmack, der eine bestimmte Buchenart befällt. Von den Leuten hier wird er “Llao Llao” oder auch “Pan de indio” genannt:

Der Pilz wird in Süßigkeiten und Desserts verarbeitet.

Nicht all zu weit vom Parkeingang entfernt, fließt der Rio Nef in den Rio Baker. Die Mündung dieser beiden türkisblauen Flüsse wird von einer pittoresken Hügellandschaft geschmückt:

Leider hatten wir Gegenlicht, weshalb das Foto diesem poetischen Anblick nicht ganz gerecht wird.

Das geht:

  • Immer wieder die gleichen netten Leute treffen (z.B. “die beiden Amerikaner”, “die beiden Belgier”, “das Mädchen aus Belgien”, “den radfahrenden Franzosen” und “die drei Amerikaner”, die eigentlich ein Amerikaner, ein Engländer und eine Italienerin sind)
  • Das neu eröffnete Museum des PN Patagonia, welches einem sehr anschaulich das Problem der Überbevölkerung und dessen Folgen vor Augen führt
  • Endlich wissen dass der Bunte Adler, den man hier ab und zu rumlaufen sieht, ein “Caracara” ist (danke an die nette Rangerin im PN Patagonia)

Das geht nicht:

  • Sich völlig fertig auf eine 22km lange Wanderung begeben
  • Vom patagonischen Wind fast weggeblasen werden
  • Behaupten dass Tiramisu eine peruanische Erfindung ist
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Tortel

von Achim

Heute ging es mit einem kleinen Bus und drei Pannen von Villa O’Higgins nach Tortel. Zuerst galt es überhaupt an Busfahrkarten zu kommen, was gar nicht so einfach war, weil niemand im Verkaufshaus war. Nachdem der Fahrer der Fahrkartendame angerufen und bei ihr am Haus geklopft hatte, kam Leben in die Bude und alle Passagiere konnten ihre Fahrkarten kaufen. Die Fahrt konnte losgehen. Der Fahrer hat sich dabei als echter Rennfahrer herausgestellt und ist teilweise fast durch die Kurven der Schotterstraße geschlittert (im Rennjargon: gedriftet). Nach einer halben Stunde kam dann die erste Panne: Der Fahrer hatte vergessen einen Zusatzstoff in den Tank zu kippen und so mussten wir einen kurzen Boxenstopp einlegen und auf seinen Kollegen warten, der ihm einen Kanister von dem Zeug mitbrachte. Dann ging’s weiter auf der Rennpiste. Kurz nach der Fährfahrt kam dann die zweite Panne: Irgendwas unter dem Bus war locker. Ah, das war vermutlich das unangenehme Geräusch, das der Bus beim rückwärts Einparken auf die Fähre gemacht hatte. Der Fahrer hat sich kurzerhand unter den Bus geschmissen und mit vereinten Kräften, und einem Stück vom Gepäckband der Dachladung, wurde das Ganze dann notdürftig geflickt:

Nachdem sich unser Rennfahrer zuerst mit der Geschwindigkeit zurückgehalten hatte, wurde es ihm bald zu blöd und er hat wieder ordentlich auf die Tube gedrückt. Kurz vor Tortel hat sich nochmal was vom Boden des Busses gelöst, was er aber wieder mit ein bisschen hämmern und klopfen repariert hat. Also alles kein Problem und wir sind trotzdem noch erfolgreich über die Ziellinie in Tortel gerast. Nachdem wir unsere Rucksäcke vom Dachträger wieder hatten, mussten wir erstmal ordentlich den Staub rausklopfen.

Tortel ist ein besonderes Dorf. Alles hier ist auf Stelzen und Stegen gebaut, vermutlich weil es in einem Sumpf liegt. Sogar der Zeltplatz ist auf Stelzen:

Und da Tortel am Wasser liegt, spielt die Bootsfahrt eine große Rolle. Man sieht viele Boote im Wasser, einige davon allerdings nicht mehr ganz so fit:

Es gibt einen Wanderweg auf den Cerro Vigia, einer der Hausberge von Tortel - natürlich auch auf Stelzen. Der Weg bietet schöne Blicke auf die umliegenden Berge:

Leider war es, wie man sieht, ziemlich wolkenverhangen, weshalb wir die Gipfel nicht sehen konnten.

Von ganz oben hat man einen tollen Blick auf das Dorf und die Bucht mit dem türkisblauen Wasser:

Einfach der Wahnsinn!

Ein Stück weiter bieten sich tolle Aussichten in die Bucht nach Norden:

Sogar auf dem Berg ist alles sumpfig. Und so war an den Stellen, an denen den Leuten die Motivation für den Stegbau ausgegangen ist, ordentlich Matschpartie angesagt.

Gegen Ende des Weges bietet sich nochmal eine andere Umgebung und man läuft durch richtig urigen Wald:

Sehr schön, fehlen nur noch die Pumas!

Das geht:

  • Fahrer, die sich von drei Pannen nicht aufhalten lassen
  • Sein Zelt am Boden festnageln
  • Ein grünes Dorf, komplett auf Holzstegen gebaut

Das geht nicht:

  • Streuner-Hunde, die einem für ewig nachlaufen und dann Revierkämpfe mit anderen provozieren
  • Die Obst- und Gemüseauswahl in den abgelegenen Orten
  • Unser Spanisch
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