Braunkohle Tagebau

von Achim

Auf der Suche nach einem geeigneten Schlafplatz haben wir uns gestern Abend im hübschen aber (vermutlich wegen Covid-19) menschenleeren Pirna, nach einer schmackhafen Kohlroulade säschsischer Art, für eine Übernachtung in Senftenberg entschieden. Der Grund dafür war eigentlich hauptsächlich der große See gleich neben der Stadt.

Am nächsten Morgen haben wir beim Frühstück dann auch erfahren woher der große See kommt: Im Gebiet rund um Senftenberg wird Braunkohle abgebaut. Der See ist eine geflutete ehemalige Braunkohle Tagebaustätte. Unser Gastgeber hat uns verraten dass es in Welzow noch ein aktives Tagebau-Gebiet gibt, sowie eine riesige begehbare Förderbrücke des Typs F60 bei Lichtenrade.

Schon seit ich das erste Mal in der Schule vom Kohle-Tagebau erfahren habe wollte ich ihn mit eigenen Augen sehen. Hier war die Gelegenheit.

In Welzow gibt es einen Aussichtspunkt, von welchem man auf den aktiven Tagebau blicken kann:

In der Ferne haben wir die riesigen Bagger gesehen, mit deren Hilfe diese Mondlandschaft entstanden ist. Von einem anderen Aussichtspunkt im Norden konnte man sie etwas besser sehen:

Wo früher mal Wald, Wiesen oder Dörfer standen ist nun ein riesiges Loch und überall nur blanke braune Erde:

Um eines der Ungetüme aus nächster Nähe zu sehen sind wir ein paar Kilometer nach Lichtenrade zum Museumsbergwerk F60 gefahren. Dort haben wir allerdings schnell festgestellt dass die Bagger, welche wir in Welzow gesehen haben, Winzlinge sein mussten gegen die riesigen Förderbrücken vom Typ F60:

Die Maße dieses Geräts sind gigantisch: Mit 502m Länge, 204m Breite, 80m Höhe und einem Gewicht von 13.500t ist die F60 die größte bewegliche Maschine der Welt. Um die eingemottete Förderbrücke besteigen zu können muss man eine geführte Tour buchen. Gesagt, getan. Aus der Nähe werden die Dimensionen etwas klarer (man beachte den grauen Eisenbahnwaggon):

Die Förderbrücke hilft das Kohleflöz freizulegen indem sie wie ein Kamm darüber hin und her fährt um die Erde, mit Hilfe von Baggern, darüber abzutragen. Die abgetragene Erde wird als “Abraum” bezeichnet. Der Abraum wird von Baggern (im Museumsbergwerk leider nicht dabei) auf die Förderbänder der Fahrwerke geworfen und dort von einem großen Förderband, welches wie das Rückgrat der Maschine wirkt, nach hinten transportiert und dort auf der anderen Seite des Kohleflöz wieder ausgeworfen:

Somit wird das Kohleflöz nach und nach freigelegt und der Abraum von der einen Seite des Grabens auf die andere transportiert, wo die Erde “gleich wieder” geschlossen wird. Das Kohleflöz selber wird dabei von anderen Baggern abgetragen.

Die Förderbrücke wurde ursprünglich von 20 Arbeitern bedient. Mittlerweile wurden die im Einsatz befindlichen Geräte jedoch modernisiert sodass es nur noch 14 Leute braucht um diesen Koloss zu steuern:

Ein interessantes Detail war auch dass die Maschinerie für den Tagebau 37% der geförderten Energie bereits beim Abbau wieder verbraucht. Man kann sich also vorstellen was das energietechnisch für einen Aufwand bedeutet all die Maschinen zu betreiben.

Am hinteren Ende befindet sich in über 70m Höhe eine Plattform mit einem grandiosen 360° Panorama:

Nur der Name des Bergheider Sees, ebenfalls ein künstlich geflutetes ehemaliges Abbaugebiet (die Flutung hat 14 Jahre gedauert), erinnert noch an das Dorf, welches hier dem Tagebau weichen musste:

Die Tour war technisch informativ, warf jedoch wenig Licht auf die Folgen des Tagebaus [1, 2, 3]. Auch wenn die Abbaugruben anscheinend größtenteils wieder verschlossen und rekultiviert oder Seen geschaffen werden, scheint es mir doch ein erheblicher Eingriff in das Ökosystem mit irreversiblen Schäden zu sein. Zumindest rund um den Bergheider See wirkte die Erde selbst 20 Jahre nach dem Ende des Tagebaus und Bepflanzung mit Bäumen immer noch nicht gesund, sondern schlammig und öde (wie man z.B. auf dem Bild oben schön sehen kann).

Derart drastische Eingriffe sind eine direkte Folge unseres immer größer werdenden Energiehungers bei gleichzeitigem Bevölkerungswachstum. Wie lange das noch gut geht wird die Zukunft zeigen. Ich persönlich denke dass unser Ausbeutungsmodell schon ordentlich bröckelt, wie z.B. erste Folgen des Klimawandels erkennbar machen. Neben nachhaltigeren Formen der Energiegewinnung sollte daher Sparsamkeit unser oberstes Ziel sein.

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